Martin Heide / Joris Peter: Camels in the Biblical World
Martin Heide / Joris Peter: Camels in the Biblical World, Eisenbrauns / The Pennsylvania State University, 2021, geb., XX+411 S., US $ 149,95, ISBN 978-1-64602-136-39
Das englischsprachige Buch von Martin Heide und Joris Peters über Kamele in der biblischen Welt hat u. a. ein apologetisches Anliegen, da in der alttestamentlichen Wissenschaft mittlerweile als gesichert gilt, dass es im 2. Jahrtausend v. Chr. keine domestizierten Kamele gegeben habe und somit die sich im Buch Genesis und in den Büchern Exodus, Levitikus, Richter und 1Samuel Erwähnung findenden Kamele anachronistisch und nicht historisch zu verstehen seien.
In der Bibel werden Kamele erstmals bei Abraham erwähnt, insbesondere in Genesis 24, als ein Sklave Abrahams von diesem losgeschickt wird, um eine Braut für seinen Sohn Isaak aus der Heimat zu holen. Die allererste Erwähnung von Kamelen findet sich in Gen 12,16, als Abraham vom Pharao u. a. Kamele erhält. Ferner finden sich Kamele z. B. in Ex 9,3 unter dem Besitz der Ägypter, unter den unreinen Tieren in Lev 11,4 und mehrfach während der Königszeit in Israel. Da es vor etwa 1000 v. Chr. nur wenige außerbiblische Belege für Kamele gibt, geht diese gründliche Untersuchung der Geschichte des Kamels im alten Nahen und Mittleren Osten nach, um sein frühes Auftreten in der hebräischen Bibel zu verstehen und um aufzuzeigen, dass es Kamele als Haustiere bzw. Reittiere im zweiten vorchristlichen Jahrtausend gegeben haben kann.
Das vorliegende Werk Camels in the Biblical World ist eine zweiteilige Studie, die dem kulturellen Werdegang von zwei Haustierarten – dem zweihöckrigen oder baktrischen Kamel (Camelus bactrianus) und dem einhöckrigen oder arabischen Kamel (Camelus dromedarius) – vom vierten bis zum ersten Jahrtausend v. Chr. und bis zum ersten Jahrhundert n. Chr. aufzeigt. Anhand von archäologischen Kamelresten, Ikonographie, Inschriften und anderen Textquellen werden im ersten Teil die veröffentlichten Daten zur Domestizierung und frühen Nutzung der Arten in ihren jeweiligen Herkunftsregionen neu bewertet. Der zweite Teil wirft einen kritischen Blick auf die verschiedenen Verweise auf Kamele in der hebräischen Bibel und den Evangelien, indem er eine detaillierte philologische Analyse jedes Textes liefert und sich auf archäologische Daten und zoologische Beobachtungen bezieht.
Sowohl die Studien über Kamele im Altertum als auch die exegetischen Betrachtungen sind gründlich, ausgewogen und aufschlussreich. Aufschlussreich und für die Argumentation, dass sich domestizierte Kamele bereits im 2. Jahrtausend v. Chr. nachweisen lassen, entscheidend ist die Unterscheidung der beiden Arten von Kamelen – an sich eine Selbstverständlichkeit, aber eine ebensolche scheint häufig nicht vorgenommen zu werden (was zu der falschen Annahme führt, es könne keine Kamele als Reittiere im 2. Jahrtausend gegeben haben). Spannend findet der Rezensent zudem die ausführlichen und gründlichen exegetischen Betrachtungen, bereichernd gerade auch die zoologischen Untersuchungen. Dieses sehr ausführliche Werk kann wärmstens empfohlen werden. Ein Wermutstropfen ist höchstens der Preis.
Thomas Kinker, D.Th. (USA), Dozent für Altes Testament am Martin Bucer Seminar Bonn