Altes Testament

Pieter Gert van der Veen: Dating the Iron Age IIB Archaeological Horizon in Israel and Judah

Pieter Gert van der Veen: Dating the Iron Age IIB Archaeological Horizon in Israel and Judah: A Reinvestigation of „Neo-Assyrian (Period)“ Sigillographic and Ceramic Chronological Markers from the 8th and 7th Centuries B.C., Ägypten und Altes Testament 98, Münster: Zaphon 2020, geb., S. 222, € 86,40, ISBN 978-3-96327-086-4

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Das Buch von Pieter Gert van der Veen wurde 2018 an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz als Habilitationsschrift eingereicht. Wie auch bei anderen Arbeiten des Privatdozenten für AT und Biblische Archäologie an der Uni Mainz werden chronologische Untersuchungen in den Mittelpunkt gestellt; daneben ist das Buch eine Fundgrube zu unterschiedlichsten Fragen. Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt auf der Eisenzeit IIB bzw. dem 8. und 7. Jahrhundert v. Chr. und somit auf dem Zeitraum von den letzten Jahren des Nordreiches Israel (Untergang 722 v. Chr.) bis zum Ende der Regierung von König Manasse (ca. 760–642 v. Chr.).

Die Arbeit ist (außer einigen deutschsprachigen Zitaten) ganz in Englisch verfasst und besteht – neben einer Einleitung und einem Fazit mit Schlussfolgerungen und Ausblick – aus drei Hauptteilen. In der Einleitung wird das Ziel der Arbeit umrissen: Für die Eisenzeit IIB (herkömmlich 900–700 v. Chr.) sollen die absoluten Daten überprüft und gegebenenfalls neu aufgestellt werden. Van der Veen befasst sich dazu mit einer Reihe von chronologischen Markern, die zur Feinabstimmung der Chronologie der Eisenzeit IIB in den Königreichen Israel und Juda beitragen. Die ausgewählten Marker stammen in erster Linie aus einem Korpus von späten Objekten im „assyrischen Stil“ und/oder assyrianisierenden Objekten, die auf den internationalen Einfluss des neuassyrischen Reiches auf die südliche Levante während des 8. und 7. Jh. v. Chr. hinweisen. Während die Herstellung von Objekten im assyrischen Stil in der südlichen Levante während der Hochphase des Neuassyrischen Reiches (der sogenannten Pax Assyriaca) ihren kulturellen Zenit erreichte, listet diese Studie zahlreiche Funde, die nach traditioneller Auffassung der Zeit der assyrischen Hegemonie vorausgehen; unter anderem: Siegel (so das berühmte Schema-Siegel aus Megiddo), Bullen, Tonwaren (Importe und Imitationen), Bronzekessel, lmlk-Krüge und andere judäische Vorratsgefäße, z. T. gestempelt mit königlichen Insignien der neuassyrischen Zeit. Die hier zusammengetragenen Argumente zeigen auf, wohin chronologische Studien zur späten Eisenzeit in Israel und Judah in der Zukunft hinführen können. Ferner wird in der Einleitung ein Überblick gegeben über das Material, das in den drei Hauptteilen untersucht wird. Ferner werden die methodischen Grundlagen dieser Arbeit erläutert.

Im ersten Hauptteil [„Neo-Assyrian Related Sigillographic Evidence and the terminus ante quem of Iron Age IIA in Israel and Judah“] werden verschiedene Siegel und Siegelabdrücke untersucht. Der erste Teil behandelt anepigraphische Siegelabdrücke aus Jerusalem, die nahe der Gihonquelle im so genannten Rock-Cut Pool gefunden wurden. Hier erfolgen Schlussfolgerungen für den Übergang von Iron Age IIA zu IIB. Im zweiten Teil geht van der Veen auf das berühmte Siegel des Schema ein, das bereits 1904 in Megiddo gefunden wurde. Es trägt die Inschrift „gehört Schema, dem Diener Jerobeams“. Aufgrund der frühen Fundzeit, in der die Stratigrafie noch nicht entwickelt war, ist die genaue Fundlage ungewiss; hier deutet van der Veen die Fundumstände auf das 8. Jh. v. Chr. Auch untersucht er die unterschiedlichen Symbole des Siegels, wobei der brüllende Löwe auf das 8. Jh. v. Chr. deute. Somit ergibt sich als Ergebnis, dass Schema ein hoher Beamter unter Jerobeam II. gewesen sei.

Der zweite Hauptteil [„,Assyrian-Style‘ Pottery and Its Implications for Israel and Judah during Iron Age IIB (early)“] handelt von Keramikfunden in assyrischem Stil. Sowohl aus Assyrien stammende Keramik als auch lokale Kopien in assyrischem Stil sowie Keramik in edomitischem Stil werden untersucht. Von Bedeutung ist dabei u. a., dass in Datierungsfragen bisher Inschriftenfunde aus Edom nicht berücksichtigt wurden.

Der dritte Hauptteil [„Iron Age IIB in Judah: The ,Lachish Level III‘ Horizon and the lmlk Stamp Impressions“] ist einer Untersuchung der bekannten lmlk-Henkel (Lemelech-Krüge) gewidmet. Solche Krughenkel von Vorratskrügen tragen einen Siegelabdruck mit der Beschriftung „gehört dem König“ sowie dem Namen einer der vier Orte Hebron, Sif, Socho und MMST (bisher unbekannt). Insgesamt wurden über 2000 dieser Henkelkrüge gefunden, die meisten davon in Lachisch. Für die Datierungsfragen ist dabei von besonderer Bedeutung Lachisch Level III als ein Fixpunkt, um andere Städte aus dieser Zeit in Juda zu datieren; wenn sich die Datierung von Lachisch III ändert (wie als Ergebnis von van der Veen angegeben), so hat dies größere Auswirkungen. Und im Schlussteil erfolgt eine Zusammenfassung der Hauptergebnisse sowie ein Ausblick auf mögliche weitere Studien (wie z. B. eine mögliche Verwendung der lmlk-Krüge unter Manasse).

Für den Verfasser dieser Rezension fast noch spannender als die – m. E. sehr interessanten – Hauptteile der Habilitation von van der Veen sind einige der insgesamt sechs Exkurse. So behandelt z. B. der Exkurs 2 in Teil 1 [„The Duration of Iron Age IIA and Its terminus post quem in Israel“] eine der Hauptfragen bezüglich der Chronologie Israels, nämlich das Ende der Iron Age IIA (und somit die Frage, ob die bisher in die Zeit Davids und Salomos (10. Jh. v. Chr. (datierten Funde in Jerusalem, Gezer, Megiddo und Hazor nicht eher ins 9. Jh. v. Chr. zu datieren sind (wie es durch Finkelstein aufkam). Oder in Exkurs 1 in Teil 3 [„The Use of the Royal Jars: A Tentative Proposal“] finden sich nachdenkenswerte Ansätze für eine Neudatierung und Interpretation der lmlk-Henkel. Außerdem sind viele kleine Randbemerkungen spannend, z. B. dass der Hiskija-Tunnel in Jerusalem unter Hiskija begonnen und unter Manasseh fertiggestellt worden sein könnte oder dass das Siegel des Schema, das verschollen ist, eine Grabbeigabe für Sultan Abdulhamid II. gewesen sein könnte (siehe 28 Anm. 51). Höhepunkte der Arbeit sind m. E. – neben den chronologischen Betrachtungen – die Einordnung des brüllenden Löwen auf dem Siegel des Schema und die Untersuchungen der Symbolik auf den Siegelabdrücken von König Hiskija. Ferner zeigt van der Veen überzeugend, dass nicht jede Datierung, die festzustehen scheint, wirklich auf einem soliden Fundament steht. Eine Stärke des Buches ist die Ausgewogenheit der Argumentation sowie die Betonung, dass (nach Prof. Ze`ev Herzog) bei der archäologischen Arbeit 10 % Daten und 90 % Interpretation seien. Wer tiefer in den Bereich Biblische Archäologie einsteigen möchte, dem sei diese Habilitationsschrift von Pieter van der Veen empfohlen.


Thomas Kinker, D.Th. (USA), Dozent für Altes Testament am Martin Bucer Seminar Bonn