Maximilian Baden: Warum studierst du Theologie
Maximilian Baden: Warum studierst du Theologie: Eine Untersuchung zur Motivation von Erstsemestern, Arbeiten zur Praktischen Theologie 83, Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt, 2021, Hardcover, 490 S., € 29,–, ISBN 978-3-374-06784-8
Warum studieren junge Menschen heute Theologie? Wer oder was motiviert sie dazu? Was erhoffen sie vom Studium und welches Pfarrbild entspricht ihren Vorstellungen? Auf diese u. a. Fragen liefert M. Baden in der vorliegenden Dissertation differenzierte Antworten. Anlass seiner quantitativen, empirischen Untersuchung ist neben persönlichen Erlebnissen der evidente Pfarrermangel. Daher sieht er die Relevanz der Arbeit z. B. in der Nachwuchswerbung, der Entwicklung von Zukunftsmodellen der Kirche, der Entwicklung von pastoraltheologischen Leitbildern sowie in einer angemessenen Studiengestaltung (17). Die Umfrage wurde durch finanzielle Unterstützung der EKD in zwei Wellen durchgeführt (2016/17 und 2017/18), zunächst an 25, dann an 22 deutschen Fakultäten, außerdem an vier Fakultäten in Österreich und Schweiz. Insgesamt wurden 595 Erstsemesterstudierende befragt (108), für die der Pfarrberuf eine berufliche Möglichkeit erscheint (32). Baden geht davon aus, dass er damit einen großen „Teil der tatsächlichen Theologiestudierenden aus der Zielgruppe“ erfasst hat, womit er die offiziellen Studierendenzahlen als „Scheinzahlen“ entlarvt (112). Die Befragung lässt freikirchliche Ausbildungsstätten außen vor, was der Autor selbst als Versäumnis einräumt (33).
Kap. 1 liefert eine solide Begründung der Methodik und Beschreibung des Forschungsverlaufs. Der quantitative Ansatz wurde gewählt, um geläufige Thesen zu prüfen, Häufigkeiten festzustellen und die empirische Wirklichkeit zu beschreiben (28). In den Kap. 2 und 3 werden pastoraltheologische und motivationspsychologische Perspektiven aufgezeigt, die den Theorierahmen für die Konzeption des Fragebogens und auch der Datenanalyse bilden. Die theoretische Grundlegung (Kap. 1–3) ist kurz und zielführend, was sich auch in der Literaturliste widerspiegelt, die mit ca. 120 Titeln knapp ist und lediglich für die Perspektive der Motivationspsychologie auch internationale Forschungen einbezieht, nicht aber für die pastoraltheologische Perspektive.
Schwerpunkt dieser Untersuchung liegt in der Darstellung der empirischen Erhebung (Kap. 5–10), welche die Motivation der Studierenden mit den Aspekten der eigenen Person und Situation sowie dem Theologiestudieren selbst, dem Pfarrberuf, der Zukunft der Kirche und einer eigenen Berufung verbindet. Die klar geordnete Darstellung der Befunde sowie deren Verankerung im vorher beschriebenen Theorierahmen sind schlüssig und aufschlussreich. An manchen Stellen finden sich in der Analyse der Daten spekulative Vermutungen und Interpretationen, die man teilen kann, aber nicht muss. Dennoch erhält der Leser einen differenzierten Blick auf die Studienmotivation von Erstsemestern im Theologiestudium, was zahlreiche hilfreiche Anhaltspunkte für die Nachwuchsgewinnung und Gestaltung von Curricula ermöglicht. Z. B. ist der Weg ins Theologiestudium häufig ein Zusammenspiel aufeinander aufbauender Faktoren, wie familiärer Hintergrund, Teilnahme und Mitarbeit in kirchlichen Gruppen sowie enge kirchliche Bezugspersonen (Kap. 5). Geschätzt wird von den Erstsemestern am Theologiestudium vor allem die Auseinandersetzung mit aktuellen Fragen des christlichen Glaubens und das Studieren des persönlichen Glaubens (248). Sie haben große Freude, sich sozial zu engagieren (250) und ihr größtes Interesse am Pfarrberuf liegt in der Seelsorge und Lebensbegleitung (315). Als wichtigste Strukturbedingung wird die Vereinbarkeit von Familie und Beruf genannt (332).
Mit ihrer vielfältigen und differenzierten Wahrnehmung der Wirklichkeit ist diese Arbeit als hilfreiche Gegenwartsanalyse zu würdigen. Wer Verantwortung trägt für Zukunftsplanungen an Theologischen Ausbildungsstätten findet hier hilfreiche Anhaltspunkte.
Judith Hildebrandt M.A., Wiss. Mitarbeiterin an der FTH Gießen