Historische Theologie

Adolf Martin Ritter, Harry Oelke, Volker Leppin (Hg.): Alte Kirche

Adolf Martin Ritter, Harry Oelke, Volker Leppin (Hg.): Alte Kirche, Kirchen- und Theologiegeschichte in Quellen (KTGQ) 1, 12. Aufl. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2019, Pb., 303 S., € 39,–, ISBN 978-3-7887-3311-7

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1977 erschien im Neukirchener Verlag der erste Band der damals neuen Reihe „Kirchen- und Theologiegeschichte in Quellen“ mit Texten aus der Zeit der Alten Kirche, herausgegeben von Adolf Martin Ritter. Wenn ein Quellenkompendium dieser Art nach 42 Jahren noch einmal verlegt wird, und dann sogar in 12. Auflage, kann man es mit Sicherheit als Standardwerk seines Fachs bezeichnen! Das Vorwort des Herausgeberkreises ist nur geringfügig geändert worden, in der Erstauflage zeichneten neben Ritter auch Heiko A. Oberman und Hans-Walter Krumwiede verantwortlich, in der vorliegenden Auflage Volker Leppin und Harry Oelke.

Der Umfang der Quellensammlung ist gegenüber der Erstauflage – mit einigen wenigen Umstellungen – von 95 auf 100 Abschnitte erweitert worden, die Seitenzahl hat von 227 auf 266 Seiten zugenommen. Geblieben sind die eng bedruckten Seiten, die in ungewöhnlich kleinen Schriftgraden repräsentative Auszüge aus einer großen Anzahl von wichtigen Quellenschriften vorstellen. Die Geschichte des altkirchlichen Christologischen Streits wurde neu gegliedert, die gezählten Abschnitte wurden damit vermehrt (§92). Nicht nur orthodoxe Theologen und Synoden kommen zu Wort, sondern auch die bedeutenden Lehrabweichungen der frühen Alten Kirche: Markion (§15) und der Montanismus (§18). Damit sind wichtige Lehrfragen berührt, die in veränderter Gestalt auch heute diskutiert werden. Zitate aus Texten weiterer Gruppierungen und Lehren wie der Mysterien der Isis (§19), der Christentumskritik des Kelsos (§23), christlicher Gnostiker (§25), Manichäer (§43) und Kaiser Julian Apostata (§71) zeigen, wie sich die christliche Lehre von nicht-christlichen Weltanschauungen unterschied.

In der Auswahl kommen bedeutende Kirchenväter der frühen Jahrhunderte des Christentums zu Wort: Tertullian (§30), Klemens von Alexandrien (§31), Origenes (§32) und Cyprian von Karthago (§37), später u. a. Basilius von Caesarea (§78), Ambrosius von Mailand (§85), Johannes Chrysostomus (§87), Theodor von Mopsuestia (§88), sehr ausführlich Augustinus (§90) und andere.

Von großer geschichtlicher Tragweite waren und sind die Anfänge des Mönchtums und seiner Regeln (§53 Antonius, §59 Pachomius, §78a.b. Basilius von Caesarea) und natürlich die Konzilien mit den einberufenden Kaisern und Textauszügen abgelehnter Theologenmeinungen. Das zweite Ephesinum von 449 n. Chr. – einschlägig bekannt als „Räubersynode“ – wird nur kurz in der Einleitung zum Konzil von Chalkedon 451 erwähnt (§95).

Doch fehlt bei aller „hohen“ theologischen Diskussion nicht die praktische Dimension, beispielsweise in den Bemerkungen des Gregor von Nyssa 383 n. Chr., wie Angehörige niederer Gesellschaftsschichten auf der Straße über die Gottheit diskutieren (§83). Ebenso wird der Streit über die Wiederaufstellung des 382 abgebauten Altars der Siegesgöttin Victoria im römischen Senat (§85.II.a.b) und der Bericht über die Ermordung der Hypatia im Jahr 415 (§89) abgedruckt.

In vielen Quellenauszügen wird die Christenverfolgung der Frühzeit, aber auch der Umgang der regierenden Richtung des Christentums mit theologisch anders orientierten Theologen, mit Heiden und Juden thematisiert. Leider benahmen sich die Christen in diesen Auseinandersetzungen nicht immer besser zu ihren Gegnern als diese sich vor dem Übergang der politischen Gewalt auf christliche Regenten zu ihnen benommen hatten. Es ist dem Verlag Vandenhoeck & Ruprecht in Göttingen zu danken, dass er sich nach der Übernahme der „Neukirchener Theologie“ im September 2016 entschlossen hat, die Reihe „Kirchen- und Theologiegeschichte in Quellen“ – ab sofort im aktuellen blauen Coverlayout von Vandenhoeck – neu herauszugeben. Weitere Bände sollen in diesem und im nächsten Jahr erscheinen. Die Lektüre des ersten Sammelbandes über die Alte Kirche sei wegen der besonderen, grundlegenden Bedeutung dieser Epoche für die Kirchengeschichte allen Studierenden sehr ans Herz gelegt!


Pfarrer Dr. Jochen Eber, Margarethenkirche Steinen-Höllstein