Praktische Theologie

Michael Meyer-Blanck: Zeigen & Verstehen

Michael Meyer-Blanck: Zeigen & Verstehen. Skizzen zu Glauben und Lernen, WGS 2543, Leipzig: Evangelische Verlagsanstalt, 2018, 248 S., € 28,–, ISBN 978-3-374-05422-0

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Glauben kann man weder lernen noch lehren wollen, doch Glauben muss man lernen, weil es dazu keine Alternative gibt.“ (135) Mit dieser zugegebenermaßen paradoxen Aussage können die von Michael Meyer-Blanck verfassten Skizzen und gesammelten Beiträge zum religiösen Lernen – Lernen im Sinne a) der „Aneignung definierter Kompetenzen“ und b) der „Entwicklung und Veränderung des Menschen in seiner Lebensgeschichte“ (135) – zusammengefasst werden. In seiner Essaysammlung versucht Meyer-Blanck seinen Leserinnen und Lesern darzustellen und mitzuteilen, dass ein lebensbestimmender Glaube nicht „übertragen“, „beigebracht“, „vermittelt“ oder „weitergegeben“ werden kann. Vielmehr geschieht das in einem lebenslangen Prozess stattfindende religiöse Lernen semiotisch bzw. symboldidaktisch, durch „Zeigen und Verstehen“ (7).

Die zwölf hier zusammengestellten Beiträge beleuchten aus unterschiedlichen Perspektiven einige grundlegende Themen der Pädagogik: Neben einer Darstellung zur Kreuzestheologie im Religionsunterricht (29–44) und einer Erörterung der Wahrheitsfrage und Wirklichkeitsdeutung im Kontext religiöser Bildung (183–200) wendet sich Meyer-Blanck zum Abschluss seines Buches u. a. dem Verhältnis von Pädagogik und Theologie (223–235) zu. Die einzelnen Ausführungen stehen dabei in einer engen Verbindung zueinander und ergänzen sich gegenseitig.

In seinen Darstellungen kommt Meyer-Blanck mehrfach auf die Rolle der Erziehenden in der Pädagogik und auf ihre Beziehung zum educandus zu sprechen. Dabei ist ihm die Differenzierung zwischen der Rede über Religion (beschreibend) und der religiösen Rede (bezeugend) ein Kernanliegen, das sich durch die einzelnen Aufsätze zieht: „Ohne die kritische Rede über Religion wird der Religionsunterricht zum Katechismusunterricht, ohne die religiöse Rede selbst wird er zur lediglich informierenden Religionskunde.“ (67). Das von Meyer-Blanck vertretene und an die Lehrperson herangetragene Grundverständnis von „Religion zeigen“, d. h. ein Verständlichmachen der auf Gott verweisenden Zeichen (78), sieht einen reflektierten Wechselschritt beider Redeformen vor. Auf diese Weise kann es gelingen, Traditionsorientierung und Erfahrungsorientierung, intellektuelles und emotionales Verstehen im Religionsunterricht spannungsvoll aufeinander zu beziehen.

Unter einer guten Didaktik versteht der Bonner Theologe weiter „[d]as Auflösen der Antworten in existentielle Fragen.“ (31). Mehrfach steht für Meyer-Blanck das persönliche Verstehen des Glaubens – genauer: das Ineinander der objektiven und subjektiven Seite des Glaubens – im Vordergrund seiner didaktischen Überlegungen. Demnach wird das Objektive des Glaubens (Aneignung von objektiv gegebenen Traditionsbeständen; inhaltliche Gestalt der Überzeugung) gerade am Ort der Subjektivität (subjektive Deutung der Welt; existentielles Überzeugtsein) erfahrbar (147, 199). Bei Zeigen & Verstehen handelt es sich um ein lohnenswertes Buch, das nochmals neu über die objektive und subjektive Seite christlicher Wahrheit und über die damit verbundene Lern- und Lehrbarkeit von Glauben – eingebettet in Überlegungen zu relevanten religionsdidaktischen Themen – nachdenkt.


Manuel Gräßlin, MTh, Doktorand Praktische Theologie, STH Basel