Neues Testament

Christina Michelsen Chauchot: John the Baptist as a Rewritten Figure in Luke-Acts

Christina Michelsen Chauchot: John the Baptist as a Rewritten Figure in Luke-Acts, Copenhagen International Seminar, New York: Routledge, 2021, geb., 196 S., £ 120,–, ISBN 978-036-748-143-8


Christina Michelsen Chauchotlegt mit diesem Band Ihre Promotionsschrift an der Universität Kopenhagen (2017, betreut von Professor Mogens Müller) vor. Sie ist Pastorin in der Vereinigten Protestantischen Kirche Frankreichs und Vizepräsidentin des Institut Biblique de Versailles, einer ökumenischen Bildungsstätte.

Chauchots Beitrag ist der biblischen Exegese zuzuordnen, wobei sie sich methodisch schwerpunktmäßig mit dem vom G. Vermes eingeführten Begriff der „Rewritten Bible“ beschäftigt. Ihre Hauptforschungsfrage betrifft die Entwicklung der Darstellung von Johannes dem Täufer: „I seek to trace the development of a creative textual strategy in the synoptic gospels“ (3). Größtenteils arbeitet die Autorin allerdings mit dem lukanischen Doppelwerk.

Dabei sind für sie zwei Themen besonders wichtig: Ob die Darstellung Johannes des Täufers im lukanischen Doppelwerk insbesondere sein öffentliches Wirken betrifft und ob vor diesem Hintergrund eine besondere theologische Ausrichtung zu finden ist. Ihre Hauptthese ist, dass Johannes der Täufer eine „rewritten figure“ als Ergebnis eines kreativen Schreibprozesses ist, und nicht als eine Neukompilierung der vorhandenen Quellen verstanden werden muss. Insofern kann Chauchots Werk auch als Beitrag zur Quellenforschung und Hermeneutik gesehen werden. Insbesondere dieZweiquellentheorie wird von ihr kritisch hinterfragt, they „do not sufficiently account for the thematic changes in Luke’s recasting of the baptizer when they presuppose that Luke is restricted by his sources, Mark and Q“ (163). Allerdings tangieren Methode und Fragestellung durchaus ein sehr weites Feld, neben Exegese, Hermeneutik, Narratologie und Quellenforschung ist auch die Rezeptionsgeschichte – wenn auch sehr spezifisch – zu nennen.

Ihrer Forschungsfragestellung und der weiteren Methode widmet Chauchot den ersten Teil ihrer Arbeit: Dem Konzept von „rewritten Bible“, dem synoptischen Problem und ihrem eigenen Ansatz, eine „rewriting strategy“ im LkEv zu erforschen. Insbesondere in der gründlichen methodischen Darstellung und Diskussion ist eine Stärke des Werkes zu sehen. Sie stellt selber klar: „I prefer to define the method of a literary strategy common to rewritten Scripture. The value of integrating this concept into New Testament study is the possibility of focussing on the exegetical process that has directed a literary and theological rewriting“ (28). Thematisch bewegt sich die Autorin in einem durchaus skandinavischen Thema, wobei sich das ursprüngliche Netzwerk „Rewritten Bible“ an der Universität von Turku in Finnland inzwischen thematisch zum „Network for the Study of the Reception History of the Bible“ erweitert hat.

Der zweite Teil des Werkes ist der Bearbeitung der Forschungsfrage und dem LkEv gewidmet, wobei sich die Autorin auf Lk 3,2 und 3,7–17 beschränkt. Der Autor des lukanischen Doppelwerks verändere laut Chauchot insbesondere die Beziehungen Johannes des Täufers durch Auslassungen oder Hinzufügungen und lege einen besonderen Wert auf die Referenzen zum AT. Insgesamt kommt sie damit zu dem folgenden Ergebnis: „Luke’s narrative, in which John figures most prominently, also makes the clearest distinction between the figures of John and Jesus and their respective baptism. In a paradoxical way, Luke says more about John just to diminish his importance.“ (116). Der dritte Teil beschäftigt sich mit dem Übergang zwischen dem LkEv und der Apg unter Berücksichtigung von Lk 3,16; 21–22.

In ihrer kritischen Auseinandersetzung mit der Zweiquellentheorie kommt Chauchot zu folgendem Ergebnis: „Luke shares identically reproduced material with at least these two sources [Mark and Matthew], and it has become clear that Luke’s description of John’s ministry and baptism can be studied as a reception of both Mark and Matthew, without appeal to lost sources.“ (164). Allerdings legt sich die Autorin letztlich methodisch nicht präzise fest: Die Grenzen zwischen „literary-critical“ (3), „narrative“ und ihrer Abgrenzung zu „historical-critical“ (162) sind nicht konsequent und wirken an einigen wenigen Stellen sogar beliebig. Das ist insbesondere deswegen schade, weil der Autorin mit ihrem Werk durchaus das Potential hat weitere Brücken zwischen diesen Ansätzen zu bauen.

Gerade deswegen wäre dieses Werk aber ein lesenswerter Beitrag. Konkret fasst die Autorin zusammen: „Luke thus offers a careful and profound interpretation of John the baptist, his baptism, and how to situate it in early Christianity. […] Luke’s account offers a further step into the history of interpretation and, ultimately, also the early history of the church“ (164). Mit diesem Schritt, vom LkEv zur Apg und in die Kirchengeschichte, entfaltet die Methode ihre Stärke und als Leser würde man sich hierzu weitere Arbeiten wünschen. Diese hätten wohl aber den Rahmen dieser Arbeit deutlich gesprengt. So zeigen sich die Überschneidungen mit der Rezeptionsgeschichte des Textes bzw. ihrer Wirkungsgeschichte. Die Ergebnisse der Autorin werden hoffentlich noch breiter – inhaltlich wie methodisch – diskutiert, da sich bei einer konsequent literarischen Sicht und einem wünschenswerten methodischen Diskurs sicherlich weitere Ergebnisse erzielen ließen. Auch ein weiterer Blick in die Apg und die neutestamentlichen Briefe erscheinen vielversprechend.

Das Werk ist in englischer Sprache verfasst, sprachlich zugänglich, auch wenn es sich definitiv an Fachkundige und nur am Rande an interessierte Laien richtet. Eine Bibliografie und ein kurzes Stichwortverzeichnis runden das Werk ab. Der Textsatz des Buches ist lesbar, wobei kleinere Mängel zu finden sind und auch ein paar Wünsche übrigbleiben: So wäre z. B. eine Aufnahme der Unterüberschriften in die Nummerierung und das Inhaltsverzeichnis wünschenswert gewesen.


Dr. Jens Dörpinghaus, University of Pretoria, Faculty of Theology and Religion, Hatfield, Pretoria, South Africa