Wolfgang Ilg: Jugendarbeit gestalten
Wolfgang Ilg: Jugendarbeit gestalten, Praktische Theologie konkret 4, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2021, 131 S., € 18,–, ISBN 978-3-525-63410-3
In seinem Werk Jugendarbeit gestalten, das in der Reihe Praktische Theologie konkret erschienen ist, will Wolfgang Ilg konkrete Impulse zur Gestaltung pastoraler Praxis im Bereich der evangelischen Jugendarbeit geben. Viele der im Buch erarbeiteten Erkenntnisse lassen sich jedoch auch auf die Arbeit mit (Schul-)Kindern und jungen Erwachsenen übertragen.
„Jugendarbeit als Beziehungsraum“, d. h. Beziehung vor Programm! (10) – unter diesem Leitbild, das einerseits die Unverfügbarkeit menschlicher Beziehungen, andererseits die Möglichkeit für gestalterische Spielräume in der Arbeit mit Jugendlichen hervorheben will, steht das vorliegende Werk. Das Buch ist in sieben Kapiteln unterteilt, wobei die Kapitel sechs und sieben als Anhänge gedeutet werden können (Kapitel 6: Zehn goldene Regeln; Kapitel 7: Materialempfehlung für die Praxis).
Im ersten Kapitel gibt der Vf. eine nachvollziehbare Standortbestimmung zur sich verändernden Situation der landeskirchlichen Jugendarbeit (13–27); freikirchliche Gesichtspunkte sind nicht eigens im Blick, aber auch dort ist die Situation vergleichbar. Ilg geht dabei auf die nachlassende Bedeutung von Kirche und die damit zusammenhängende kirchliche Entfremdung junger Menschen ein. Gleichwohl betont er, dass diese Veränderungen nicht als „Abbrüche“, sondern als „Umbrüche“ zu deuten und zu nutzen sind (21): die Kirche hat sich als „Ort der Möglichkeiten“ zu erweisen (19), die Antworten auf Glaubens- und Sinnfragen gibt und ein Interesse an den jeweiligen Lebenswelten der Jugendlichen zeigt.
Im Kapitel zu den theologischen und pädagogischen Grundlagen (28–47) wird der Bildungsauftrag kirchlicher Jugendarbeit großgeschrieben. Neben der Vermittlung von Sachinformationen soll insbesondere die Herzensbildung, zu der mitunter die Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen gehört, ernst genommen werden, indem eine wirklichkeitsnahe Theologie für, mit und von Jugendlichen praktiziert wird.
In Kapitel drei wird eine strukturelle und rechtliche Verortung der Jugendarbeit vorgenommen. Gleichzeitig werden neue Perspektiven zu einigen wichtigen Themen wie Leitung, Inklusion oder digitalen Formen eröffnet (48–83).
Besonders gelungen sind die praktischen Tipps zur Gestaltung der Jugendarbeit, die im vierten Kapitel gegeben werden (84–110). Neben den klassischen Überlegungen zu regelmäßigen Gruppenangeboten oder Freizeiten erscheint Ilgs Plädoyer für eine „schulbezogene Jugendarbeit“, die ein wichtiges Zukunftsfeld sein könnte, höchst interessant: weil die Schule zunehmend den Lebensraum von jungen Menschen bestimmt, müssen gerade hier kirchenbezogene Angebote geschaffen werden – von möglichen Einkehrtagen in einem Kloster, über die Schüler-SMD bis hin zum Schülerbibelkreis.
In Kapitel fünf werden abschließend drei Herausforderungen genannt, mit denen Jugendarbeit momentan und/oder immer wieder zu tun hat: Krisensituationen (Jugendseelsorge), Prävention von (sexualisierter) Gewalt und die Zeit nach Corona (111–119).
Zusammengefasst handelt es sich bei Jugendarbeit gestalten um ein lesenswertes Buch für Haupt- und Ehrenamtliche, die im Bereich der Kinder-, Jugend- und jungen Erwachsenen Arbeit tätig sind. Besonders ertragreich sind die sich wiederholenden Hinweise und Vorschläge zu möglichen Kooperationsmodellen mit anderen, gerade auch außerkirchlichen Trägern: ihnen soll im Feld der Jugendarbeit die Zukunft gehören. Es ist Wolfgang Ilg hoch anzurechnen, dass er die aktuelle Situation der Jugendarbeit nicht nur wahr-, sondern auch erst nimmt und dabei konstruktive Lösungsvorschläge für eine gelungene Gestaltung von Beziehungsräumen für, mit und von Jugendlichen in naher und ferner Zukunft gibt.
Manuel Gräßlin, MTh, Doktorand STH Basel