Praktische Theologie

Michael Herbst / Matthias Schneider / Felix Eiffler: Evangelium kommunizieren

Michael Herbst / Matthias Schneider / Felix Eiffler: Evangelium kommunizieren. Greifswalder Arbeitsbuch für Predigt und Gottesdienst. In 9 Schritten zum Gottesdienst, Neukirchen-Vluyn: Neukirchener Verlagsgesellschaft, 2022, 352 S., € 34,–, ISBN 978-3-7615-6837-8


Mit ihrem gemeinsamen Werk Evangelium kommunizieren legen Michael Herbst, Matthias Schneider und Felix Eiffler gegenüber dem Vorgängerband Wir predigen nicht uns selbst (2001) ein grundlegend überarbeitetes und erweitertes Arbeitsbuch für Predigt und Gottesdienst vor. Im neu erschienenen Werk wurde die theologische Grundlegung neu akzentuiert. Daneben wuchs die Rolle der Rhetorik erheblich. Zudem wurden die ursprünglich sieben Arbeitsschritte der Predigt- und Gottesdienstvorbereitung durch die beiden Schritte der Systematisch-theologischen Reflexion und Invention präzisiert.

Im einleitenden Kapitel (9–32) skizzieren die Autoren fünf Spannungen, „die das Predigthandwerk in Vorbereitung und Durchführung prägen“ (11). Dabei wird die Predigt aus einem pneumatologischen Blickwinkel, der „sowohl das göttliche Moment des ‚Wunders‘ einer Predigt als Wort Gottes als auch das menschliche Moment des homiletischen Handwerks wahr- und ernst [nimmt]“ (17), betrachtet. Die Betonung dieser pneumatologischen Perspektive kann als große Stärken des vorliegenden Werkes benannt werden.

In den darauffolgenden Kapiteln werden die neun Arbeitsschritte zur Vorbereitung von Predigt und Gottesdienst beschrieben: 1. Einordnung in das Kirchenjahr (53–71), 2. Persönliche Betrachtung (73–97), 3. Exegese (99–118), 4. Homiletische Besinnung (119–156), 5. Systematisch-theologische Reflexion (157–176), 6. Invention (177–193), 7. Rhetorische Gestaltung (195–249), 8. Liturgische Gestaltung (251–288), 9. Planung des Auftritts (289–328).

Zu 1: Mit der Verortung der Predigt im Kirchenjahr wird die weit verbreitete Auffassung bestätigt, dass jede Predigt einen kasuellen Charakter hat. Durch den gottesdienstlichen Fall der Kanzelrede hat der „Predigttext nicht nur einen Kontext in seinem biblischen Buch, sondern auch im Kirchenjahr“ (68).

Zu 2: Die persönliche Betrachtung wird von den Autoren als eine wichtige Sequenz in der Predigtvorbereitung beschrieben, die dem biblischen Text meditativ-kreisend begegnet. Es gehe darum, sich als Predigtperson persönlich ansprechen zu lassen und erste Eindrücke zu sammeln.

Zu 3: Die wissenschaftliche Exegese erweitert den monastischen Zugang zum Bibeltext durch scholastisches Gedankengut. Auf nur wenigen Seiten gelingt es den Autoren die exegetische Arbeit als ein vierstufiges Verfahren (Erschließung, Analyse, Auslegung und Zusammenfassung des Textes) zu erörtern und für die homiletische Praxis fruchtbar zu machen (109–117).

Zu 4: Die homiletische Besinnung ist darum bemüht, die Relevanz des biblischen Textes für seine Hörerinnen herauszuarbeiten. Dafür wird in die Methode des Predigttisches eingeführt: mithilfe der eigenen Vorstellungskraft sollen in der Predigtvorbereitung unterschiedliche Gäste an einen Tisch eingeladen werden. Ziel sei es, „mit diesen Gästen das Bibelwort zu lesen“ (145).

Zu 5: Bei der systematisch-theologischen Reflexion soll das Thema der Predigt bestimmt werden. Dabei wird für die Beschränkung auf nur eine Themen- oder Fragestellung plädiert (175).

Zu 6: In der Invention wird das Ziel, das Kerygma und das Idion der Predigt herausgearbeitet (185–191). Auch in diesem Abschnitt wird für eine „verantwortete Einseitigkeit“ plädiert (191–193), die sich in der Predigtausarbeitung auf Wesentliches konzentriert und einen zentralen Inhalt in all seiner Tiefe entfaltet.

Zu 7: Das Kapitel zur formalen und sprachlichen Predigtgestaltung hätte mit Blick auf die Disposition der Predigt und die dabei vorgestellten Gliederungsmodelle etwas ausführlicher und ggfs. kreativer ausfallen können: die Hinweise auf Homilie, narrative Predigtmodelle, Drei-Punkte-Predigt und lernpsychologisches Predigtschema erschöpfen die möglichen Aufbaumodelle der Predigt bei weitem nicht und wirken eher konventionell (229–234).

Zu 8 Liturgische Gestaltung: Auf nur wenigen Seiten gelingt es den Autoren des Arbeitsbuchs eine theoretisch-reflektierte und praktisch-umsetzbare Ausarbeitung zur liturgischen Gestaltung des Gottesdienstes darzubieten.

Zu 9: Hier wird die liturgische und homiletische Planung des Auftritts erörtert. Dabei steht vor allem die Frage nach dem Kanzel-Auftritt im Fokus: die Autoren plädieren mit Michael Meyer-Blanck für eine „präsente Predigt“ (305) – frei zugewandt, aber akribisch vorbereitet.

Die Autoren schließen ihr Arbeitsbuch mit einem kurzen Teil zum Gottesdienstnachgespräch ab. Das beschriebene Nachgespräch soll ein „Amen“ zur Predigt buchstabieren und/oder ggfs. Widersprüche äußern (329–335).

Im Großen und Ganzen bringt das neu fundierte Arbeitsbuch zentrale homiletisch-liturgische Fragestellungen zur Sprache. Das Buch gibt seinen Lesern und Leserinnen hilfreiche Anregungen für ein relevantes Predigen und eine ansprechende Gottesdienstgestaltung.


Manuel Gräßlin, MTh, Doktorand STH Basel