Altes Testament

Arnold Stiglmair: Die Bücher Haggai, Sacharja, Maleachi

Arnold Stiglmair: Die Bücher Haggai, Sacharja, Maleachi ,NSKAT, Stuttgart: Katholisches Bibelwerk, 2020, br., 255 S., € 27,90, ISBN 978-3-460-07261-9


Der Kommentar ist kompakt und führt auf gute Weise in wichtige Fragen der drei nachexilischen Propheten ein. Am Ende des Bandes verweist Stiglmair mit einer zweiseitigen Liste auf „Literatur zum Vertiefen.“ Die klassischen deutschsprachigen Kommentare werden angeführt und um ein paar WiBiLex-Artikeln und wenige Monografien ergänzt. Damit liegt ein guter Einstieg für die deutschsprachige Diskussion um diese Prophetenbücher vor. Im Verlauf der Lektüre gewinnt man bisweilen den Eindruck, dass die „großen“ Kommentare in der Herder-Reihe prägende Gesprächspartner in der Erstellung von Stiglmairs Beitrag waren.

Mit dieser Stärke des vorliegenden Bandes und dem damit verbundenen, naheliegenden Gebrauch gehen manche Schwächen einher, die man leicht anführen und beklagen kann. Manches davon ist wohl mehr den Vorgaben für die Kommentarreihe geschuldet als dem Verfasser des vorliegenden Bandes. In diesem Lichte sollten auch die folgenden, ausgewählten Anmerkungen verstanden werden.

Stiglmair trägt immer wieder viele gute Beobachtungen zusammen, wie beispielsweise mit Blick auf die Reaktion in Haggai 1,12ff auf die vorangehende prophetische Rede. Die Beobachtungen betreffen den Text selbst, aber auch Verbindungen zu anderen Bibeltexten wie in diesem Fall zum Deuteronomium. Irgendwie bleibt aber immer wieder auch der Eindruck zurück, dass wichtige Aspekte und Perspektiven fehlen. Dies sind nicht zuletzt Aspekte, die helfen könnten, Einzelbeobachtungen und Einzelverbindungen im Gespräch mit dem Bibeltext zu einer vertiefenden und / oder weiterführenden Betrachtung des entsprechenden Abschnittes zu verbinden. Mit Blick auf Haggai 1,12ff überrascht, dass man eine Reflexion zu der Beobachtung vergeblich sucht, was diese in prophetischer Literatur sehr seltene positive Reaktion des Volkes für einen Beitrag für das Textverständnis liefert. Was sagt dies über die nachexilische Adressaten aus? Ist das bleibend? In welchem Verhältnis steht dies zu den folgenden Versen im Haggaibuch? Verweist das auf eine grundsätzlich andere Haltung oder Einstellung dieser Generation?

An manchen Stellen wünscht man sich die Berücksichtigung der einen oder anderen Beobachtung. So findet die Vergleichspartikel vor dem Siegelring in Haggai 2,23 keine Erwähnung, was angesichts der Ausführungen von Stiglmair, dem Vergleich zu Jer 22,24ff, der inhaltlichen Bedeutung der damit verbundenen Aussagen und der prominenten Stellung dieser Aussage am Ende des Buches sowie nicht zuletzt angesichts der Bedeutung für die anschließende Lektüre des Sacharjabuches und der Bewertung der Rolle von Joshua und Serubbabel von nicht unerheblicher Bedeutung zu sein scheint. Die hebräische Konstruktion des Verbes mit einem Akkusativ und einem Nomen plus Vergleichspartikel hätte auf jeden Fall eine Erwähnung und eine (kurze) Reflexion verdient.

Manche Auswertung wirkt thetisch, ohne auch nur die Andeutung zu machen, dass hier ein anderes Verständnis möglich wäre. Beispielsweise äußert Stiglmair mit Blick auf Form und Inhalt von Sacharja 1,1 die Vermutung, „dass es sich um einen Abschnitt handelt, der das Buch Sacharja bewusst als eigenständige Größe profilieren will.“ (63). Das hätte mit seinen eigenen Aussagen zu der Verzahnung von Haggai und Sacharja im Rahmen des Zwölfprophetenbuches (13) ins Gespräch gebracht werden können. Vielleicht liegt ein schlichtes Sowohl-als-Auch mit Blick auf das Zwölfprophetenbuch im Allgemeinen und der Verbindung zu Haggai im Besonderen vor. Nicht zuletzt sollte das auch mit der fehlenden Tagesangabe, einem Vergleich mit den beiden anderen Datumsangaben in Sacharja und der Bedeutung von Sacharja 1,1–6 ins Gespräch gebracht werden.

Stiglmairs Bemerkungen zu Mal 3,22–24 sind sehr anregend, weil er nicht nur klassische Beobachtungen und Auswertungen anführt wie beispielsweise die gemeinsame Sprechrichtung von Mal 3,21 und 22–24 bei gleichzeitiger Verschiedenheit (Teil der Diskussion vs. vollständige Zuwendung zur Zukunft) oder die Rede von Elia als Repräsentanten für Prophetie. Er führt auch die Verbindungen eines Elias zum Horeb und die Wegnahme Elias in den Königebüchern an. Hier lohnt es sich exegetisch und theologisch vertiefend und weiterführend zu reflektieren.

Auch wenn die Kürze des Kommentars als Erklärung für das Fehlen vieler erwünschter Ergänzungen oder Diskussionen herhalten mag, so gewinnt man an einigen Stellen auch den Eindruck, dass auf knappe Weise wichtige Aspekte angemessen beschrieben werden können wie beispielsweise mit den Hinweisen zu Datumsangaben (17), mit den Ausführungen zu Serubbabel und Joshua (18ff) oder zu JHWH Zebaot (26–28). Hier fragt man sich, ob nicht auch ein paar Zeilen zur Bedeutung der eröffnenden Verse im Allgemeinen und im Besonderen bei Haggai am Platze wären, wie es bei den einleitenden Versen Sacharjas und Maleachis mit einigen Bemerkungen geschieht. Ein mehrzeiliges Zitat zum Enlil-Assur-Tempel aus TUAT II hätte beispielsweise dafür sicherlich gekürzt oder auf einen knappen Verweis reduziert werden können (20).

Die Kompaktheit des Kommentars schlägt sich auch in dem Fehlen von Fußnoten und dem bedauerlichen Phänomen nieder, dass Zitate einem Autor zugeordnet werden, aber weitere Literaturangaben fehlen. Wer mit der Kommentar- und Forschungsliteratur vertraut ist, wird keine Schwierigkeiten haben, die Zitate ausfindig zu machen. Der Gebrauch des Kommentars für Studierende, die erst noch in die Literatur hineinkommen müssen und dabei sind, sich einen entsprechenden Überblick zu erarbeiten, wird dadurch leider erschwert. Die wenigen Seiten, die es mehr brauchen würde, um einen Kurztitel und die Seitenzahl sowie ein paar wenige weitere Titel im Anhang zu ergänzen, sollten kein unüberwindliches Hindernis darstellen. Der Verfasser hat sich der Aufgabe gestellt, auf wenigen Seiten wichtige Beobachtungen und wesentliche Perspektiven der Forschung zu präsentieren sowie Hinweise für die Lektüre der drei nachexilischen Bücher zu geben. In seiner Kompaktheit ist ihm das gelungen. So ist dieser Kommentar ein guter, erster Einstieg für eine Beschäftigung mit diesen Prophetenbüchern.


Heiko Wenzel, Ph.D. (Wheaton), Akademie für Kirche und Gesellschaft, Wien