Altes Testament

Benjamin L. Merkle / Adrianne Cheek Miles: Christian Academic Writing

Benjamin L. Merkle / Adrianne Cheek Miles: Christian Academic Writing. Twelve Practices and Principles for Becoming a Successful Writer, Grand Rapids/MI: Baker Academic, 2023, pb., 158 S., $ 17,99, ISBN 978-1-5409-6599-8


Egal in welchem Bereich man sich im wissenschaftlichen Betrieb befindet, es muss geschrieben werden: Hausarbeiten, Aufsätze, Bücher und auch Rezensionen. Eine Anleitung, wie man das ansprechend und effizient macht, mag man von diesem Buch erwarten – und wird enttäuscht. Wer ein vertiefendes How-To-Book zum guten Schreiben nach einer gesetzten Reihenfolge sucht, sollte etwa zu Nijay K. Gupta The Writer (2022) greifen. Vielmehr soll das vorliegende Büchlein eine „fresh breeze“ für den Leser sein, um ihm zu helfen, ins Doing zu kommen (xi). Entsprechend erwartet einen in diesem Buch eher ein weisheitlicher Gedankenspaziergang zu Fragen und Erfahrungen rund um das wissenschaftliche Schreiben (und Publizieren) im religionswissenschaftlichen und theologischen Bereich. Aufgeteilt in zwölf kurze Kapitel behandeln die beiden Autoren, ein Neutestamentler und eine Englisch- und Linguistikdozentin, Überlegungen zur Themenauswahl (1–10), zum Lesen (11–30), zum eigentlichen Abfassen von Texten (31–74), zu Feedback und Überarbeitung (75–98) und zu wissenschaftlichen Konferenzen (99–106). Am Ende stehen zwei summarische Kapitel (107–124), die zentrale Thesen bündeln und einer Art „Pep Talk“ gleichkommen.

Das Buch sticht durch seine Einfachheit heraus. Geeignet für jedes Niveau ist dieses Buch leicht verständlich und gut lesbar. Die Kapitel sind kurz, die dort behandelten Punkte leuchten überwiegend ein. Gleichzeitig hilft es direkt und praktisch der eigenen Schreibarbeit weiter. Gerade für junge Forscher sind in diesem Zusammenhang besonders zwei Aspekte zu betonen: (1) Nach jedem Kapitel wird es praktisch. Unter der Überschrift „The Next Level“ werden die Aussagen und Herausforderungen des jeweiligen Kapitels zusammengefasst und in pointierte Fragen überführt, die dann auf leeren Linien vom Leser beantwortet werden können. Der damit vertiefte Umgang und direkte Bezug auf das eigene Schreiben können helfen, das Buch eben nicht akademisch-distanziert zu lesen, sondern eher als ermunternder Guide. (2) Für den theologischen und religionswissenschaftlichen Bereich bietet das Buch im Anhang gute Übersichten über akademische Journals, Verlage und Institutionen für den theologischen Bereich (125–147).

Das Buch geht auf einen vormals 10.000 Wörter umfassenden Aufsatz von Merkle zurück. Die Co-Autorin Cheeck Miles hat diesen kondensierten Beitrag nun mit Illustrationen und weiterführenden Erklärungen angereichert (x). Das hat Vor- und Nachteile. Ein Vorteil sind sicher die vergnüglichen Geschichten und hilfreichen Illustrationen, die deutlich die gekonnte Handschrift der Sprachdozentin widerspiegeln. Ein Beispiel: Lesestoff gewohnheitsmäßig mit uns zu führen, egal wo wir sind, ist ein guter Tipp. Nun zu hören, wo man überall lesen und wie viel Lesestoff in manche Pause und Abende passen, macht diesen Punkt anschaulich. Doch umschreiben die Autoren diesen Sachverhalt auf 10 Seiten (11–21!). Das Ergebnis: Führe Lesestoff gewohnheitsmäßig mit dir. Weitere Beispiele für etwas langgezogene Passagen wie diese ließen sich vielfach nennen.

Es stellt sich also die Frage, ob man dieses Buch zum Vergnügen, zum vergnüglichen Lernen oder zum Wissensgewinn liest. Je mehr man sich das Vergnüglich-Leichte erhofft, desto eher wird man nach der Lektüre zufrieden sein. Will man etwas lernen, bleibt man doch etwas angestrengt zurück. Kaum jemand, der sich mit gutem Schreiben auf akademischem Niveau beschäftigt, braucht für einzelne, schnell einleuchtende und wenig komplexe Punkte Analogien, Illustrationen und Anekdoten in dieser Fülle. Wieder und wieder fragt man sich beim Lesen, worin der Mehrwert in diesen Erweiterungen stecken soll. Aufgrund meiner Erwartung bleibt der Eindruck: Ein 10.000-Wörter-Aufsatz hätte ausgereicht und – ehrlichgesagt – einiges an Lesezeit gespart. Darüber mögen sich aber auch andere Meinungen bilden lassen.

Dopplungen und Längen müssen aber auch in anderer Hinsicht bemerkt werden. Das Kapitel „Bust Your Writing-Related Myths“ (31–42) fokussiert prägnant auf einige wesentliche und oft anzutreffende Sorgen vor, beim und nach dem wissenschaftlichen Schreiben. Die Tipps sind hilfreich, der Stil auch hier konversational-flüssig. Doch beim Blick in die Fußnote (hier: 31, Anm. 1) wird klar, dass all diese Punkte – so gut sie sind – aus Joli Jensens Buch Write no Matter What (2017) übernommen sind. Wer dort nachschaut, findet nicht nur eine Fülle weiterführender und äußerst hilfreicher Tipps, sondern eben auch die meisten Erkenntnisse, die in diesem Kapitel zusammengefasst sind. Wiederum ergänzt dieses Buch die zentralen Thesen Jensens mit Anekdoten und Illustrationen, führt aber kaum über Jensen hinaus. Freilich wird man zu Recht fragen müssen: Was gibt es noch zum Recherchieren, Erarbeiten und Publizieren von wissenschaftlichen Texten zu sagen, wodurch Dopplungen jeder Art vermieden werden können? Wenig, mag man zugeben müssen.

Tieferes Profil hätte das Buch gewonnen, wenn das „Christian“ im Titel noch mehr Raum erhalten hätte. Durchweg fragt man sich: Wo bleibt die christliche Perspektive? Am Schluss kommen zwar die schon erwähnten Listen mit theologischen Verlagen usw., aber ein theologischer Blick auf das wissenschaftliche Schreiben und Publizieren bleibt beinahe völlig aus. Doch gerade das hätte aus meiner Sicht den Reiz dieses Buches ausgemacht und einen Fortschritt im Fragen nach gutem, d. h. mir und meinem Forschungsgegenstand angemessenem, Lesen und Schreiben geliefert.


Magnus Rabel, M.Th., Doktorand bei Prof. Dr. Jörg Frey am Lehrstuhl für neutestamentliche Wissenschaft an der Universität Zürich