Felicitas Held / Britta Lauenstein / Stefan van der Hoek (Hg.): Handbuch gemeindepädagogische Praxisforschung
Felicitas Held / Britta Lauenstein / Stefan van der Hoek (Hg.): Handbuch gemeindepädagogische Praxisforschung, Stuttgart: Kohlhammer, 2024, Pb., 299 S., € 39,–, ISBN 978-3-17-044496-6
Das „Handbuch gemeindepädagogische Praxisforschung“, herausgegeben von Felicitas Held, Britta Lauenstein und Stefan van der Hoek, stellt einen Impuls zur Weiterentwicklung der Gemeindepädagogik als anwendungsorientierte Wissenschaft dar. Die Beiträge zielen darauf ab, angesichts der sich wandelnden Kontexte und Anforderungen, gemeindepädagogische Fachkräfte mit empirischen Methoden vertraut zu machen, und möchten zu einer Qualitätsverbesserung der gemeindepädagogischen Praxis beitragen (14). Dabei verstehen die Herausgeber „Gemeindepädagogische Praxisforschung als eine notwendige Antwort auf die aktuellen gesellschaftlichen Veränderungen, die sowohl Kirchen als auch Gemeinden vor neue Herausforderungen stellen“ (12). Diesen Herausforderungen begegnen sie mit einer „bunten Vielfalt“ an Beiträgen von insgesamt 28 Autorinnen und Autoren, die anhand unterschiedlicher Forschungsarbeiten auf verschiedenen wissenschaftlichen Niveaus exemplarisch qualitative und quantitative Studien sowie Mixed-Methods-Ansätze vorstellen.
Insgesamt ist die Vermittlung empirischer Methoden an gemeindepädagogische Fachkräfte ein begrüßenswertes Anliegen, zu dem das Handbuch einen wertvollen Beitrag in der aktuellen Fachliteratur leistet. Auch das zirkuläre Modell Gemeindepädagogischer Praxisforschung (12), welches die Herausgeber auf den ersten Seiten präsentieren, kann einen hilfreichen Ansatz zur Qualitätssteigerung kirchlicher Bildungsarbeit liefern und die weitere Reflexion auf theoretischer Ebene ankurbeln. Begrüßenswert ist auch, dass einige herausragende Beiträge renommierter Autoren im Forschungsfeld aufgenommen wurden, die als „Best-Practice“-Beispiele gelten und wertvolle Erkenntnisse sowohl auf inhaltlicher als auch auf methodischer Ebene liefern. Als besonders hilfreich ist u. a. der Beitrag von Ilg zum Einsatz standardisierter Fragebögen am Beispiel von Freizeiten und Konfi-Arbeit anzusehen, der ein hilfreiches Feedback-Tool vorstellt, um eine fundierte quantitative Forschung auch für „Laien“ im Bereich von Jugendfreizeiten etc. zu ermöglichen.
Dennoch ist gerade die bewusst gewählte „bunte Vielfalt“ (12) der Beiträge eine Herausforderung, welche dem Laien das Lesen des Buches erschwert. Die einzelnen Beiträge reichen von einer unveröffentlichten Seminararbeit bis hin zur Darstellung einer Dissertation mit komplexen statistischen Berechnungen und zeichnen sich durch ein sehr unterschiedliches Qualitätsniveau aus. Sprachlich sind manche Dinge nicht einheitlich oder gar unpräzise (z. B. die fehlende Unterscheidung zwischen Erhebungs- und Analysemethoden; die Beschreibung eines Expert:inneninterviews als narratives Interview in Kap. 9; etc.). Dies schmälert den Einsatz des Buches, aber nicht das dahinterstehende Anliegen und den hilfreichen Einblick in die Verwendung unterschiedlichster empirischer Methoden innerhalb der Gemeindepädagogik.
Inhaltlich wäre insgesamt ein Beitrag zur vertieften Auseinandersetzung mit den theologischen Implikationen empirischer Forschung in der Gemeindepädagogik wünschenswert. Ausgehend von der Auffassung, dass empirische Forschung lediglich die Diagnose, jedoch noch nicht die Therapie darstellt (vgl. Mulia im Vorwort, 5), fehlen Beiträge, wie der Schritt von der Diagnose – der Wahrnehmung eines Zustands durch die vorgestellten empirischen Methoden – zu einer ausgewogenen und differenzierten (auch theologischen) Beurteilung einer Situation als grundlegender Schritt für eine verbesserte Praxis vollzogen werden kann.
Dennoch stellt es einen wertvollen Beitrag zur gemeindepädagogischen Praxisforschung dar. Möge das Buch bewirken, was die Herausgeber sich wünschen, nämlich „alle, die es lesen, ermutigen, dazu auch in kleinerem Rahmen einen (Forschungs-)Beitrag zu leisten“ (17).
Judith Hildebrandt, Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Praktischen Theologie an der FTH Gießen