Neues Testament

Eckhard J. Schnabel: Der Brief des Paulus an die Römer (Kapitel 1-5)

Eckhard J. Schnabel: Der Brief des Paulus an die Römer. Band 1: Kapitel 1-5, HTA, Witten: SCM R-Brockhaus, 2015, geb., 700 S., € 49,90, ISBN 978-3-417-29731-7

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Eckhard J. Schnabel – seit 2012 als Mary F. Rockefeller Distinguished Professor of New Testament Studies am Gordon-Conwell Theological Seminary in South Hamilton/Boston tätig – hat 2015 den ersten Band seines Kommentars zum Römerbrief (Kapitel 1−5) in der Reihe „Historisch-Theologische Auslegung“ (HTA) vorgelegt. Erfreulicherweise folgte der zweite Band (Kapitel 6−16) nur ein Jahr später; er ist aber nicht Gegenstand der Rezension. Zusammen haben beide Bände einen Umfang von 1.740 Seiten. Das ist beeindruckend, für manche vielleicht auch abschreckend.

Wie die anderen Bände der HTA-Reihe ist der Kommentar nach einer ausführlichen Einleitung (13–74) in der Auslegung der einzelnen Abschnitte jeweils in vier Teile gegliedert. Auf die Übersetzung (I) folgt eine Analyse des Abschnitts (II). Den weitaus größten Teil nimmt die Einzelexegese (III) ein, an die sich eine kurze Zusammenfassung anschließt (IV), verbunden mit Bezügen zu aktuellen Fragestellungen und Themen.

Der Kommentar ist äußerst kenntnis- und detailreich und stellt für den Exegeten eine Fundgrube sowohl für die Auslegungsgeschichte als auch den historischen Hintergrund dar. Die unterschiedlichen Auslegungen eines Verses oder einer Aussage werden mit ihren Argumenten fair, übersichtlich und nachvollziehbar dargestellt, bevor Schnabel danach eine begründete Entscheidung für seine eigene Auslegung gibt. Gelegentlich verbindet er alternative Verständnisse miteinander, die sich nach seiner Meinung nicht gegenseitig ausschließen.

Beim ersten Vorkommen eines wichtigen Begriffs wird eine exkursartige Untersuchung dieses Begriffs geboten – zum Beispiel zu εὐαγγέλιον (90–93) und zu πίστις (116–120); diese berücksichtigen den alttestamentlich-jüdischen Hintergrund als auch den außerbiblischen Sprachgebrauch. Für das Verständnis des untersuchten Verses sind sie in der lexikalischen Ausführlichkeit nicht immer erforderlich. Da sie in einer kleineren Schrifttype gesetzt sind, kann der Leser sie auch überspringen, wenn ihm etwa für eine Predigtvorbereitung nicht so viel Zeit zur Verfügung steht.

Auch wenn der Rezensent einzelne Aussagen des Römerbriefs anders als der Autor versteht, fordern die sachliche Argumentation und die übersichtliche Zusammenstellung der Gründe für eine Position doch immer wieder dazu heraus, sich mit der von Schnabel vertretenen Auslegung auseinanderzusetzen. Das hilft dazu, das bisherige eigene Verständnis zu überprüfen und in der Auseinandersetzung zu einem tieferen Verstehen der Aussagen des Römerbriefs zu gelangen.

Zwei kritische Bemerkungen: Zweifel habe ich daran, ob die Satisfaktionslehre des Anselm von Canterbury wirklich die Aussagen von Paulus in Röm 3,21–31 trifft, auch wenn Schnabel sich zu Recht gegen eine reflexhafte Polemik gegenüber Anselm wendet (431–433). Das Verständnis Schnabels von θάνατος (Tod) in Röm 5,12f vornehmlich als physischen Tod bzw. als Sterblichkeit des Menschen (554.559–561.567) kann ich so nicht teilen; die Herrschaft des Todes als Strafe und Gerichtstod reicht bei Paulus m. E. tiefer.

Diese Kritik schmälert aber nicht den hohen Wert des Kommentars. Er stellt vielmehr mit seiner gründlichen Auslegung einen großen Gewinn für das Verständnis des Römerbriefs dar. Das kann hier nur ansatzweise dargestellt werden. Dazu trägt auch die verständliche Ausdrucksweise von Schnabel bei. Deshalb kann ich diesen Kommentar nur wärmstens empfehlen, nicht nur für Fachexegeten. Die sorgfältige Arbeit zeigt sich übrigens auch an der geringen Zahl der Druckfehler.

 

Dr. Wilfrid Haubeck Professor em. für Neues Testament an der Theologischen Hochschule Ewersbach in Dietzhölztal

 

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