Praktische Theologie

Peter Zimmerling: Morgen Kirche sein

Peter Zimmerling: Morgen Kirche sein. Gemeinde glauben, denken und gestalten, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2023, kt., 211 S., € 29,–, ISBN 978-3-525-60017-7


Wie sieht die Kirche der Zukunft aus und wie kann sie sich in diese Richtung jetzt schon verändern? Diesen Fragen geht der bekannte Praktische Theologe und Universitätsprediger aus Leipzig in seinem Buch nach. Die Kirche von heute ist im Nebel, aber es besteht Hoffnung, wie Kirche jetzt schon die Kirche von morgen werden kann. Dabei geht es Peter Zimmerling weniger um einen fertigen Masterplan für die Zukunft der evangelischen Kirche, sondern vielmehr möchte er die Gesamtsituation reflektieren und richtungsweisende, handlungsorientierte Impulse geben.

Die elf zusammenfassenden Thesen zu Anfang geben einen Überblick über die Richtung seines Plädoyers (16-26). Aufgrund seiner jahrelangen Forschung zur evangelischen Spiritualität überrascht es nicht, was seiner Meinung nach die passende Arznei für den diagnostizierten Zustand der Kirche ist: „In einer pluralistischen Gesellschaft ist für eine Kirche eine profilierte evangelische Spiritualität überlebensnotwendig.“ (22)

Der Domherr zu Meißen startet zunächst mit einer Situationsanalyse (27-36), gefolgt von einem Blick ins Neue Testament (36-46) und sieben exemplarischen Stationen aus der Kirchengeschichte (47-62). Seine „Ekklesiologische(n) Grundentscheidungen“ (63-96) legen die Basis für die späteren praktischen Handlungsimpulse. In einer Auswahl thematisiert er die „Vielfalt von Konzeptionen des Gemeindeaufbaus“ (97-140). Den Höhepunkt bildet das praxisorientierte Abschlusskapitel zum Gemeindebau, in dem er exemplarische Konkretionen beschreibt (141-197).

Im Gespräch mit Bonhoeffer spricht er sich für eine neue geistliche Sprachfähigkeit aus (141-151). Er macht sich stark dafür, offene Kirchen als missionarische Gelegenheiten anzusehen (152-167) und Kommunität und Einkehrhäuser als evangelische Gnadenorte zu verstehen (168-177). Darüber hinaus sieht er im Pilgern eine spirituelle Herausforderung und zugleich eine Chance für die heutige Kirche (177-188). In einem Artikel von Ute Paul wird ein Experiment in einer Plattenbausiedlung in Gotha beschrieben (185-194). Zum Schluss wird die Frage nach der Digitalisierung in einem Interview mit Jochen Geck diskutiert.

Dieses hoffnungsmachende Buch ist auch für Leser aus dem freikirchlichen Kontext eine Bereicherung, da man abgesehen von den innerkirchlichen Strukturen und Debatten die praktischen Impulse übertragen und sich von ihnen inspirieren lassen kann. Dem Autor gelingt es hervorragend, den eigenen Erfahrungsschatz und historische Entwicklungen in einer theologischen Reflexion, vor allem im Gespräch mit Bonhoeffer, zu verbinden.

Für ein besseres Leseverständnis wäre es hilfreich gewesen, die Hauptkapitel klarer miteinander zu verbinden. Erklärende Worte zum weiteren Vorgehen würden den Übergang erleichtern. So hat man manchmal den Eindruck, dass die Kapitel etwas unverbunden nebeneinander stehen.

Besonders die Neuentdeckung einer evangelischen Spiritualität ist m. E. am notwendigsten herauszustellen. Dies hat Peter Zimmerling nur exemplarisch ausgeführt. Weitere lohnende Vertiefungen und Konkretionen wären sicherlich in den geistlichen Disziplinen zu finden. Neben dem von Peter Zimmerling genannten Pilgern ist noch an das Bibel lesen, das Gebet, an eine evangelische Beichte und an das Fasten zu denken. Viele dieser Aspekte sind in einem seiner Hauptwerke „Evangelische Spiritualität“ zu finden.

Auf nur knapp 200 Seiten gelingt es Herrn Zimmerling exemplarisch und thesenhaft dieses große Thema gut zu entfalten.


Fabian Umbach, M.A., Bibelschulleiter Klostermühle, Obernhof