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Sebastian Steinbach / Mira Weiss (Illustr.): Lebensliturgien

Sebastian Steinbach / Mira Weiss (Illustr.): Lebensliturgien. Heilsame Ruhepausen im Alltag, Wetzlar: Adeo Verlag, 2024, geb., 237 S., € 22,–, ISBN 9783863343859


„Lebensliturgien” ist das Buch zur gleichnamigen Smartphone-App und zum Podcast. Mit ihm erscheinen nun zu diesen digitalen Medien gedruckte Gebete für den Alltag. Autor ist Sebastian Steinbach, evangelischer Pfarrer. Durch den Adeo Verlag verlegt, soll es ein Begleiter für den Alltag sein und heilsame Ruhepausen schaffen (8).

Das Buch ist in fünf längere thematische Kapitel unterteilt, welche mit den Podcast-Staffeln übereinstimmen, so dass alle Texte auch auf der Homepage, der App oder Spotify gehört werden können. Die Kapitel starten jeweils mit einer passenden Einstiegsliturgie und enden mit einem vorformulierten Schlussgebet. Nach einem knappen Vorwort wendet sich das Buch im ersten Kapitel dem Thema Gebet zu, das in zehn kleinen Andachten entfaltet wird. Im zweiten Kapitel geht es in 14 Abschnitten um die Schöpfung. Kapitel drei handelt von den Psalmen. Wer historische Anknüpfungspunkte zur Liturgie oder Meditation sucht, findet sie ansatzweise in diesem Kapitel. Jedoch ist auch dort nicht viel einleitender Fließtext im Vordergrund, sondern vierzehn Gebete zu den ersten sieben Psalmen. Im vierten Kapitel, welches das Leben von Teresa von Ávila zum Inhalt hat, finden sich die Informationen zu der Mystikerin, Klostergründerin und Autorin eingewoben in zwölf kleine Gebete und behandeln so das „innere Gebet“. Kapitel 5 bildet den Abschluss mit dem klassischen Tagzeitengebet. Diese sind in diesem Buch vermutlich bewusst auf drei Zeiten reduziert worden, im Gegensatz zu den acht Zeiten der in Klöstern üblichen Tradition. Mit diesen drei Gebeten für den Tagesstart, die Reflexion zur Tageshälfte und der Tagesabschluss kommt das Buch zum Ende, während sie für die Applikation das Herzstück auf dem Hauptmenü sind. Offenbar ist dem Autor die regelmäßige Unterbrechung im Alltag ein wichtiger Aspekt von Gebetsliturgien.

Die Texte sind poetisch formuliert und bewusst niederschwellig gehalten. Es geht um konkrete geistliche Hilfestellung für das tägliche Gebet. Die Liturgien lassen sich allein oder in Gruppen beten, im Alltag oder zu besonderen Momenten. Was das Buch stark macht, ist seine schlichte Klarheit: Man kann direkt einsteigen, ohne große Vorbereitung. Die Wiederholung der Struktur schafft Orientierung und erleichtert, in eine Gewohnheit zu kommen. Besonders für Menschen ohne viel Erfahrung mit festen Gebetsformen bieten Lebensliturgien einen guten Einstieg in eine rhythmische, gebetszentrierte Praxis, da man immer auch angeleitet wird, frei zu beten.

Theologisch bleibt das Buch eher vage. Weder wird erklärt, was unter „Liturgie“ zu verstehen ist, noch werden die eigene Verortung und der historische Bezugsrahmen reflektiert. Wie unterscheidet sich das Buch von katholischen Gebetsbüchern oder fernöstlicher Achtsamkeitspraxis? Welche Rolle spielen klassische reformatorische Spiritualitätsformen? Diese Fragen lässt das Buch offen. Für theologisch reflektierte Leser oder Skeptiker bleibt das etwas dünn.

Das Buch Lebensliturgien eignet sich besonders für Menschen, die in ihrem Alltag mit vorformulierten Gebeten Zeit mit Gott verbringen möchten – still, schlicht, im eigenen Tempo. Die sich im Buch häufig wiederholenden Formulierungen helfen, dass die Gebete einem bekannt vorkommen. Das schöne Layout und Design, gestaltet von Mira Weiss, erleichtern es, sich im Buch schnell zurechtzufinden.


Joshua Ganz, Pastor und Armeeseelsorger, Winterthur, Schweiz