Altes Testament

Allen P. Ross: A Commentary on the Psalms

Allen P. Ross: A Commentary on the Psalms. Volume 1 ( 1–41) / Volume 2 (42–89) / Vo­lume 3 (90–150), Kregel Exegetical Library, Grand Rapids, MI: Kregel Aca­de­mic, 2011 / 2013 / 2016, Hb., 887 / 841 / 1018 S., $ 44,99 / 44,99 / 49,99, ISBN 978-0-8254-2562-2 / 978-0-8254-2563-9 / 978-0-8254-2666-7

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Dieser 3-bändige Kommentar zu den Psalmen gehört zu den umfangreichsten Aus­le­gun­gen dieses Bibelbuchs. Der Autor (mit PhD von der Uni­versität Cambridge, UK) ist Professor an der Beeson Divinity School innerhalb der Samford University (USA). Zuvor unterrichtete er u. a. am Dallas Theological Se­mi­­nary. Das Kommentarwerk ist geschrieben „with pastors, teachers and serious stu­dents of the Bible in mind“ (III, 11). Hebräische (vokalisierte) Quadratschrift wird ver­wendet. Da aber jeweils eine Über­setzung beigegeben ist, kann das Kommentar­werk auch von solchen, die des Bibel­hebräischen wenig oder nicht kundig sind, ver­wendet wer­den.

Die Bände sind folgendermaßen strukturiert: Bd. I enthält eine ca. 180-seitige Ein­­­führung. Nach Vorwort (Anliegen und Vorgehensweise) und Abkürzungs­ver­zeich­­­nis folgen zwei kurze Abschnitte über Bedeutung und Textüber­lie­fe­rung (MT, Ver­sionen, Qumran) der Psalmen. Es schließen sich Aus­führungen zur Buch­­bezeichnung, der unterschiedlichen Zählung der Psalmen (MT / LXX) und den Überschriften an, ferner zu Gattungen, Funktionen sowie zu Psalmgruppen, Glie­de­rung und Formierung des Buchs. Eine knappe Geschichte der Psal­­men­inter­pre­ta­tion ist ver­bunden mit einer ausgewählten Bibliographie (englisch­sprachige oder ins Eng­li­sche übersetzte Titel). Der Vorspann beinhaltet im Weiteren eine Einführung in die bib­lische (Psal­men‑)Poe­sie sowie eine Kategorisierung der Psalmen in formaler und / oder in­haltlicher Art (Klage- und Lobpsalmen, Zion- und Pilgerpsalmen, Hallel-, [JHWH-]In­thro­nisierungs- und Königspsalmen sowie Weisheitspsalmen). Es folgen Ab­­schnitte zu „Psalms in Worship“ und am Schluss zur Theologie (Themen, Gat­tun­gen, heilsgeschichtliche Überlegungen) und der „Exposition“ (Skizzierung des methodischen Vorgehens). Ab Bd. I, S. 181 beginnt die Einzelauslegung aller 150 Psalmen und diese zieht sich über die beiden Folgebände hin. Lediglich zu Beginn von Bd. III findet sich (noch­mals) ein kurzes Vorwort und ein Abkürzungsverzeichnis, bevor die Auslegung fort­­schreitet und auf S. 969 abgeschlossen wird. Am Ende steht ein Index zu hebräischen Begriffen mit Angabe der Psalmstellen, wo diese erörtert werden, sowie eine gegenüber Bd. I teils identische, aber umfangreichere Bibliographie.

Die Aus­le­gung zu den Psalmen ist folgendermaßen strukturiert: Jeder Psalm wird durch einen Titel charakterisiert. Es folgt die Übersetzung in poetischer Zeilensetzung und mit Abschnittsmarkierungen (durch Leerzeilen). In Fußnoten sind Erläuterungen zum Text sowie Varianten der hebräischen Manuskripte und der alten Übersetzungen beigegeben. Unter „Komposition und Kontext“ folgen knapp gehaltene Erörterungen (samt Literaturverweisen) zu Inhalt (Textspur), Gattung, sprachlichen Eigenheiten und der Datierung. Daran schließt sich eine kurze inhaltliche Analyse in Form einer Zusammenfassung und einer Gliederung an. Den Hauptteil der Auslegung bildet ein „Com­mentary in Expository Form“. Hier findet, den Vers(grupp)en entlang gehend, die exegetisch-theologische Erarbeitung statt. Sind damit Vorarbeiten zu Bibelarbeit und Homilie bereits geleistet, so geschieht dies im Schlussabschnitt „Botschaft und Anwendung“ noch verstärkt.

Die Stärke dieses Kommentars liegt in der vom Verfasser vorgenommenen Übersetzung und ihrer Abstützung durch Hinweise auf Textformen, Varianten etc.. Sein eigentliches Anliegen ist die Darlegung des Inhalts als Zubereitung für die Ver­wen­dung in Lehre und Verkündigung – nicht nur ausge­wählter („schöner“) Verse, sondern des ganzen Psalms sowie aller Psalmen. Diesen Anspruch hat Ross mit seinem Werk gründlich und gut eingelöst. Dabei handelt es sich nicht um einen Forschungskommentar, der die unterschiedlichen Meinungen breit disku­tiert und ihre Reprä­sentanten anführt. Er will vielmehr, wissenschaftlich abgestützt, denjenigen Hand­reichung geben, welche die Bibel und mit ihr die Psalmen in der Kirche aus­legen und verkünden (in Bibelarbeit, Predigt, Unterweisung). Vom Typus her würde ich den Kommentar mit zwei „K“-Stichworten als „klassisch“ und „konservativ“ ein­stufen. „Klassisch“ ist er in dem Sinn, als er die Psalmen als „Einzelstücke“ wahr­nimmt und gründlich erörtert. Der Buchcharakter wird in der Einführung zwar kurz in den Blick genommen, die mit der Einbettung der Psalmen einhergehenden Sinn­über­schüsse der Psalmen werden aber kaum bedacht. Als „konser­vativ“ ist er aufgrund seiner Auffassungen zu den David- Präs­kri­bie­rungen (teils mit Situations­angaben) zu bezeichnen. Bekannterweise manifestieren sich im Blick auf den Psalter bei den Evangelikalen unterschiedliche Positionen, ins­besondere bei der Frage, wie ledawid in den Psalmüberschriften zu übersetzen und einzu­stufen sei (daran hängt teils auch die Datierung der Psalmen). In Auseinan­der­setzung mit u. a. Goldingay plädiert Ross für ein Ernstnehmen der Möglichkeit davi­­di­scher Autorschaft. Allerdings geht er nicht so weit, sämtliche David zu­ge­wie­senen Psal­men als von ihm verfasst einzuschätzen (die Präposition lamed „can [≠ must] be used for authorship“, I, 42). Andererseits will er nur mit guten Gründen von dieser Über­­lieferung abweichen. Für die konkrete Anwendung muss auf die Aus­führungen zu den einzelnen Psalmen verwiesen werden. Mit der traditionellen Annahme der David-Verfasserschaft geht eine neuere, buchtheologisch und kanonhermeneutisch orientierte Sichtweise insofern konform, als den Überschriften, die zum Schrift­bestand gehören, ver­stärkt Rechnung getragen wird. Das heißt, dass ein David-Psalm in jedem Fall als solcher wahr­genommen und interpretiert werden soll – sei es, dass der Psalm von David stammt, ihm zugeschrieben oder für ihn geschrieben wurde (Wid­mung), jedenfalls mit seinem Leben und Wirken in Verbindung zu bringen ist (auch in der Auslegung und Aneignung). Ungeschickt ist, dass die Titel in der Struk­turskizze nicht mit denjenigen der folgenden Auslegung übereinstimmen. Der poeto­logische Textcharakter ist nur teilweise berücksichtigt: Die Versparallelismen werden dargestellt, doch die strukturellen Bausteine werden nicht bedacht und die Gliederung stützt sich (nur) auf inhaltliche Kriterien. Die Auslegung folgt der linearen („narrativen“) Sequenz und stellt räumliche Strukturen (Chias­men etc.) und ihre Sinn­­potentiale kaum in Rechnung. Gleichwohl: ein gutes „Nachschlagewerk“, dienlich für diejenigen, die mit und an den Psalmen arbeiten und ihre Botschaft dienend weitergeben. Die Auslegung in ihrer Ausführlichkeit fordert und fördert eine eingehende und beharrliche Beschäftigung mit ihr und den Psalmen selbst – das ist gut so. Dieser „evangelikale“ Kommentar ist anders als der „mainstream“ und hat gerade darum seinen Platz unter den recht zahlreich greifbaren englischsprachigen Psalmenkommentaren. Dem Kommentator ist zu danken und seiner Auslegung eine gute Aufnahme und weite Verbreitung zu wünschen.

 

Dr. Beat Weber, Pfarrer/Dozent in verschiedenen Diensten 

 

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